Teil 2b: IP Due Diligence
In diesem Folgebeitrag unserer Beitragsreihe „Unternehmenstransaktionen im Mittelstand – unüberwindbare Hürde oder meisterbare Herausforderung?" geht es um die IP-rechtliche Due Diligence und es bietet sich mit Blick auf den Vor-Beitrag meines Kollegen Sebastian Keilholz geradezu an, seinen ersten Satz – etwas angepasst – hier eingangs zu zitieren:
„Eine saubere IP-rechtliche Prüfung ist für Käufer von Unternehmen maßgebend mit Blick auf die Bewertung des zu veräußernden Unternehmens im Vorfeld einer M&A-Transaktion."
Noch immer wird das Thema Due Diligence vor allem mit der Überprüfung von Sachanlagevermögen, Geschäftsbeziehungen oder dem Mitarbeiterbestand des zu veräußernden Unternehmens in Verbindung gebracht. Mit der Globalisierung und Digitalisierung hat sich dieser Fokus bei der Ermittlung des Unternehmenswertes verschoben: heute bestimmen vor allem IP-Rechte den Kaufpreis des zu erwerbenden Unternehmens und beeinflussen nicht selten die Kaufentscheidung.
Dies gilt insbesondere, wenn ausländische Käufer deutsche Unternehmen ins Visier nehmen. Von besonderem Interesse sind hier die Patente und das Know-how, um innovative Technologien zu entwickeln oder zu übernehmen oder auch Marken, die (noch immer) für „Made in Germany" stehen. Für ausländische Investoren sind dabei insbesondere die Sektoren Technologie und Gesundheitswesen interessant, also die Bereiche die durch COVID-19 nochmals stärker in den Fokus geraten sind, das gilt vor allem für Software-Produkte und IT-Systeme. Laut einer PWC-Studie aus dem Jahr 2020 beteiligten sich Private-Equity-Investoren dabei am häufigsten an kleineren und mittleren Transaktionen.
Worum geht es bei der IP Due Diligence?
Es geht um die Bestandsaufnahme und fundierte Analyse sämtlicher Schutzrechte - dies sind Patente, Gebrauchsmuster, Marken, Designs, ggf. daran erteilte Lizenzen, aber auch die zumindest in Deutschland einem Registerrecht nicht zuführbaren Urheberrechte, hier etwaige Rechte am Know-How eines Unternehmens. Die genannten Schutzrechte vermitteln als zeitlich befristete Monopolrechte absolute Verwertungsrechte des Unternehmens - absolut deshalb, weil ein Monopolrecht seinem Inhaber das Recht vorbehält, das geschützte IP-Recht und die zugrundeliegende Innovation allein und unter Ausschluss Dritter zu verwerten. Damit wird auch die Bedeutung solcher immaterieller Rechtsgüter bei der Bewertung des Unternehmenswerts im Rahmen eines Assets Deals deutlich.
Worauf kommt es bei einer IP Due Diligence an?
Mit der IP Due Diligence wird ermittelt,
- ob und in welchem Umfang die zu erwerbende Gesellschaft Schutzrechte besitzt,
- ob Lizenzen an diesen erteilt sind oder eine Lizenzabhängigkeit besteht,
- ob Rechtsstreitigkeiten existieren, und
- in welchem Umfang Know-How im Unternehmen verankert ist und welche Maßnahmen zum Schutz des Know-how vorhanden sind.
Naheliegend wird bei einem jungen Unternehmen oder Start-up der Schwerpunkt in der Ermittlung des Know-How liegen, da es ggf. noch keine patentierte, vielleicht auch noch keine patentreife Technologie gibt. Handelt es sich um ein etabliertes Unternehmen, das bereits über im Markt eingeführte Technologien und Marken und parallel dazu ein zumindest teilweise registerrechtlich aufgebautes IP-Portfolio verfügt, kann schon eine Recherche in den jeweiligen Schutzrechts-Datenbanken einen schnellen und belastbaren Überblick verschaffen. Ein Hightech- oder Biotech-Unternehmen oder ein Anbieter komplexer technischer Lösungen erfordert dabei eine intensivere IP Due Diligence als dies bei einem Unternehmen nötig ist, das im Wesentlichen wegen seiner Vertriebskanäle interessant für den Käufer ist.
Der Teufel steckt im Detail...
Mit einer Überprüfung des Datenbestands in den Registern der zuständigen Behörden lässt sich recht schnell der eingetragene Inhaber, der Status des Schutzrechts (ist das Patent oder die Marke noch valide oder die Schutzfrist abgelaufen?), die Laufzeit und der Schutzumfang des jeweiligen Schutzrechts ermitteln. Allerdings spiegeln Registereintragungen nicht immer die tatsächliche Rechtslage wider. Denn nicht selten sind die Schutzrechte nicht auf die Zielgesellschaft eingetragen, sondern – aus steuerlichen Gründen - auf eine „IP-Holding-Gesellschaft" innerhalb eines Konzerns oder auf einen unternehmensnahen Dritten, z.B. den ursprünglichen Unternehmensgründer oder einen Gesellschafter. Zudem gibt die Registerlage nicht wieder, ob die Schutzrechte mit Lizenzen belegt sind. Dies ist für die Verfügbarkeit und Werthaltigkeit des IP-Rechts aber relevant, weshalb ein Blick in die entsprechenden Lizenzvereinbarungen zwingend erforderlich ist. Übernimmt der Erwerber die Zielgesellschaft und tritt er in bestehende Lizenzverträge als Lizenzgeber ein, so wird er regelmäßig an einer schnellen Beendigung des Vertrags interessiert sein, während ihm auf der Lizenznehmerseite naheliegend eher an einer Fortsetzung des Lizenzvertrags gelegen sein dürfte.
Noch unklarer ist regelmäßig die Bestandslage mit Blick auf die nicht-eingetragenen Schutzrechte, wie etwa urheberrechtlich geschützte Werke, hier insbesondere Software-Rechte und Know-how. Diese Rechte sind nicht selten das eigentlich wichtige Asset des Zielobjekts und Informationen darüber lassen sich nur nach Vorlage von Vereinbarungen mit Dritten – etwa Forschungs- und Entwicklungsverträge, Kooperationsverträge, IT-/Softwareentwicklungsverträge – ermitteln.
Insoweit ist eine vollständige und genaue Dokumentation ausschlaggebend. Dies gilt auch mit Blick auf Arbeitnehmererfindungen, Belastungen von Schutzrechten in Form von Pfandrechten oder auch Abgrenzungsvereinbarungen sowie ggf. anhängige oder abgeschlossene Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den IP-Rechten.
Fazit
Potentielle Käufer oder Investoren tun gut daran, sich bei der Prüfung des „Targets" nicht nur auf die materiellen Vermögenswerte zu konzentrieren, sondern auch die gewerblichen Schutzrechte im Blick zu haben – hier spielt die Musik. Je fundierter die Bewertung, desto erfolgreicher die Entscheidungen über Investitionen in IP-Assets, Ein- / Auslizenzierungen oder Verkauf / Erwerb.
Ausblick
Diese Beitragsreihe gibt kleinen und mittleren Unternehmen einen ersten Leitfaden, wie ein Transaktionsprozess grundsätzlich gestaltet und erfolgreich gemeistert werden kann. Hierzu werden in den Folgebeiträgen die Schwerpunktthemen im Rahmen einer M&A Transaktion kompakt und praxisorientiert vorgestellt. Mit dem nächsten Beitrag gehen wir in die Signing Phase des M&A Prozesses: Mein Kollege Christian Schon wird einen Überblick über die Phase der Vertragsverhandlungen und der anschließenden Vertragsunterzeichnung geben.
Die AutorIN sowie Ihre gewohnten Ansprechpartner stehen Ihnen für Fragen gern zur Verfügung!
Micaela Schork, LL.M.
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